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Die Erde als Zeugin: Gemeinsame Stellungnahme internationaler Dharma-Lehrender zum Klimawandel

Fotohöflichkeit Roland Marte (flickr:rolandmarte)

Die Menschheit steht heute einer beispiellosen Krise von fast unvorstellbaren Ausmaß gegenüber. Die eskalierende Klimaveränderung hat weltweit einen derart dramatischen Einfluss auf die Umwelt, dass sie die Erde in ein neues geologisches Zeitalter zwingt. Alles Leben, einschließlich das menschliche, wird von unvorstellbaren Leiden betroffen sein. Nur eine signifikante Verringerung der Treibhausgase zusammen mit anderen Maßnahmen kann die Klimaveränderung auf ein tragbares Maß reduzieren. Es werden aber noch grundsätzlichere Veränderungen vonnöten sein. Hierin können die tiefen reichen Lehren des Buddha, das Dharma, uns den Weg weisen. Diese Stellungnahme beschreibt in Kürze inwieweit die zentralen buddhistischen Einsichten auch für die grundlegenden Ursachen der Klimakrise gelten und schlägt Wege vor, wie deren möglichen tragischen Konsequenzen minimiert werden können.Der Dharma lehrt uns, dass eine vernünftige Lösung eines Problems mit dem Eingeständnis beginnen muss, dass wir leiden. So schockierend und schmerzhaft wie das sein mag, wir müssen begreifen, dass die globale Durchschnittstemperatur um mindestens 2 Grad Celsius zunehmen wird, wenn wir nicht den Verbrauch fossiler Energiequellen schnell und drastisch verringern und große Anstrengungen unternehmen, um den in der Atmosphäre bereits befindlichen Kohlenstoff zu binden. Eine Temperaturerhöhung von diesem Ausmaß würde für Millionen von Menschen Leid und Tod und für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten deren Aussterben bedeuten. Millionen von Menschen werden unter Stress und Traumata leiden, mit katastrophalen Auswirkungen auf deren körperliches, emotionales und psychologisches Wohlbefinden. Soziale und politische Unruhen können als Folge hiervon erwartet werden. Besonders ungerecht ist, dass ausgerechnet arme Gesellschaftsschichten, Nationen und Menschen als erste von den Folgen betroffen sein werden, welche bereits bisher unterdrückt und ausgebeutet wurden und am wenigsten zur Klimaveränderung beigetragen haben. Noch beängstigender ist die Tatsache, dass ohne schnellstmögliche einschneidende Veränderungen in Energieversorgung, Produktionsmethoden, Transportmittel, Forst- und Agrarwirtschaft sowie anderen Bereichen und ohne ein verändertes Konsumverhalten, die klimatischen Veränderungen, die die Grundlagen menschlicher Zivilisation bedrohen, in wenigen Jahrzehnten nicht umkehrbar sind. Erst wenn wir diese Tatsachen anerkennen, können wir einen wirklichen Ausweg finden.

Der Dharma lehrt uns den Ursprung des Leidens. Weltweit ist sich die Mehrheit der Klimaforscher darüber einig, dass auf der physikalischen Ebene die Verbrennung fossiler Brennstoffe in Vergangenheit und Gegenwart mitsamt der hierbei entstehenden Treibhausgase verantwortlich für den Klimawandel ist. Daneben spielen desaströse Kulturtechniken wie die flächendeckende Abholzung der Wälder eine wichtige Rolle, indem sie die natürliche Absorptionskraft von Kohlenstoff reduziert. Der Dharma wiederum lehrt uns, dass Verlangen, Abneigung und Unwissenheit im menschlichen Geist die Wurzeln des großen menschlichen Leidens sind. So wie diese geistigen Kräfte in der Geschichte immer wieder zu Unterdrückung, Missbrauch und Ausbeutung von indigenen Völkern, von Machtlosen und Armen führten, so sind die Wurzeln der Klimaveränderung ebenfalls in Verlangen, Abneigung und Unwissenheit zu finden. Die Klimaveränderung wird vielleicht die größte Lehrmeisterin der Menschheit werden und ihr zeigen, wie aus diesen Kräfte Leid für andere Menschen und die Umwelt hervorgeht, wenn sie sich ungehindert in uns und unseren Institutionen ausbreiten können. Das Verlangen nach steten materiellen Wachstum und Macht hat unter der Führung der Industrienationen zu einer rücksichtslosen Zerstörung von Land und Wasser geführt, zu einem maßlosen Verbrauch fossiler Brennstoffe, zu riesigen giftigen Müllbergen und anderen Aktivitäten, die das Erdklima bedrohen. Wenn wir jedoch diese geistigen Antriebskräfte erkennen und uns mit ihnen auseinander setzen, dann können wir auch die externen Faktoren für den Wandel des Klimas auflösen.

Das Dharma lässt Hoffnung zu. Es lehrt uns, dass wir die zerstörerischen Kräfte von Verlangen, Abneigung und Unwissenheit überwinden können. Wir können die Klimakrise als Katalysator nutzen und zu tiefer Einsicht in die Konsequenzen unserer Gier nach immer größeren materiellen Reichtum und Macht gelangen, als auch in die Notwendigkeit unsere Ansichten, Haltungen und Verhaltensweisen zu ändern. Wir können die Klimakrise als Katalysator nutzen, um zu einem Verständnis unseres Planeten und seiner Prozesse zu gelangen, die ökologischen Grenzen unterliegen, die nicht überschritten werden dürfen. Indem wir unsere irrtümlichen Vorstellungen und Handlungen verstehen, können wir gerechtere, mitfühlendere und achtsamere Gesellschaften hervorbringen, die zu größerem individuellen und gemeinschaftlichen Wohlbefinden führen, und gleichzeitig den Klimawandel auf ein tragbares Maß reduzieren.

Schließlich beschreibt das Dharma einen Weg mit Grundsätzen und Handlungsweisen, die wir befolgen können, um die Klimaveränderung und das daraus resultierende Leid zu minimieren. Der erste Grundsatz ist Weisheit. Von nun an müssen wir alle nicht nur die äußeren Ursachen des Klimawandels anerkennen, sondern auch die entsprechenden inneren geistigen Antriebskräfte und ihre grauenvollen Auswirkungen. Weise zu sein bedeutet, individuell und als Gesellschaft den festen Entschluss zu fassen, alles Notwendige zu tun, um die Klimakrise auf ein tragbares Maß zu reduzieren und mit der Zeit auf eine erneute Stabilisierung des Erdklimas hinzuarbeiten, was immer dies auch kosten mag.

Der zweite Grundsatz im Dharma liegt in einem ethischen Verhalten, das in der mitfühlenden Anteilnahme für das Wohl aller Wesen wurzelt. Wir müssen uns zu einer Lebensweise entschließen, die das Klima schützt und dazu beiträgt, dass sich die Ökosysteme des Planeten wieder erholen. In unserem persönlichen Leben sollten wir Werte von Genügsamkeit und Angemessenheit entwickeln und erkennen, dass schon ab einem bescheidenen Maß weiterer Konsum, materieller Reichtum und Macht nicht zu einer Steigerung des Glücks führt. Um unsere größere moralische Verantwortung zu erfüllen, müssen wir uns mit anderen vernetzen und uns den Eigeninteressen derer entgegenstellen, die einen Wandel zu verhindern suchen. Von unseren ökonomischen, sozialen und politischen Institutionen müssen wir grundlegende Änderungen fordern, die das Klima schützen und in einer gerechten und fairen Art das Wohl aller Menschen einbeziehen. Wir müssen darauf bestehen, dass die Regierungen und Unternehmen weltweit, heute und in der Zukunft, etwas zu einem stabilen Klima und einer gesunden Umwelt für alle Menschen und Kulturen beitragen. Wir müssen weiter darauf bestehen, dass weltweit bestimmte wissenschaftlich glaubwürdige Emissionsreduktionsziele vereinbart und Maßnahmen getroffen werden, diese zu überwachen und umzusetzen.

Das dritte Training im Dharma, wodurch alle anderen Schritte überhaupt möglich werden, ist das der Achtsamkeit. Sie verschafft uns die Möglichkeit, unsere Begierden und Emotionen und die daraus hervorgehenden Gedanken und Verhaltensweisen bewusst wahrzunehmen und zu regulieren. Indem wir unsere Bewusstheit schärfen, nehmen wir zunehmend wahr wenn wir anderen, dem Klima oder uns selbst Schaden zufügen und entwickeln die Fähigkeit rasch einen anderen Weg einzuschlagen und konstruktiv zu denken und zu handeln. Achtsamkeit bringt unsere grundlegende gegenseitige Abhängigkeit von anderen Menschen wie der natürlichen Umwelt ans Licht und lässt uns spüren, welche Werte die Würde des Menschen fördern statt Menschen, Tiere und die Natur im Verlangen nach materiellen Reichtum und Macht zu unterdrücken.

Es kann sein, dass wir uns von der schieren Größe der Herausforderung überwältigt fühlen, wenn uns bewusst wird, wie wichtig es ist, dass wir dem Weg, den das Dharma aufzeigt, folgen. Wir sollten aber in die Kraft gemeinsamer Handlungen vertrauen. Buddhistinnen und Buddhisten können sich mit anderen Mitgliedern ihrer Sangha verbinden, die einzelnen Sanghas untereinander sowie mit anderen religiösen und spirituellen Traditionen oder säkularen Bewegungen verbinden, die sich um soziale Veränderungen bemühen. Auf diese Weise können wir uns alle gegenseitig in dem notwendigen Prozess unterstützen, der zu der notwendigen Änderung unserer Ansichten, Lebensstile und unserer ökonomischen und institutionellen Systemen führt, so dass sich der Klimawandel auf ein tragbares Maß reduziert. Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, dass konzertierte, gemeinsame und kollektive Anstrengungen Veränderungen möglich machen, die einst unmöglich schienen.

Wenn wir zusammen kommen, um unsere Liebe für die Natur und zu allen Wesen, die sie bewohnen, auszudrücken, und wenn wir uns gegen die Kräfte des Verlangens, der Ablehnung und der Unwissenheit stellen, dann gewinnen wir unsere innere Stabilität und Stärke zurück und leben näher an der Wahrheit, näher am Dharma. Gemeinsam können wir uns darum bemühen, unseren Nachkommen und allen anderen Formen des Lebens einen bewohnbaren Planeten zu sichern. Einzeln und gemeinsam werden wir das große Vermächtnis des Dharma ehren und unseren tiefsten Herzenswunsch erfüllen, allem Leben zu dienen und alles Leben zu schützen.

Übersetzung: Renate Seifarth und Stefan Lang

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